Kontakt | Newsletter [ DE | EN ] Leichte Sprache
 

Starkregen

Definition nach Intensität und Niederschlagsmenge Definition nach statistischer Auswertung Definition nach Wiederkehrraten

Für Starkregen bzw. ein Extremniederschlagsereignis gibt es keine allgemeine Definition, da die charakteristischen Niederschlagsmengen von der jeweiligen Klimazone abhängen. (BAUMGARTNER & LIEBSCHER 1996). Schwellenwerte, die zur Definition herangezogen werden, können auf festen Größen, Perzentilwerten oder alternativ auf deskriptiver Statistik basieren, was letztere geographisch variabel macht (MANTON et al. 2001). Im Allgemeinen kann Starkniederschlag als selten auftretender Niederschlag mit zerstörerischer Wirkung (z.B. Überflutungen) bezeichnet werden. Der Starkregen kann zu schnell ansteigendem und abfließendem Hochwasser oder Überschwemmungen führen, die häufig mit Bodenerosion einhergehen.


Definition nach Intensität und Niederschlagsmenge

Abhängig von der Fragestellung existieren verschiedene Definitionen, die sich aber immer auf Niederschlagsmenge pro Zeiteinheit beziehen. Als Kriterium für Starkregen wird oft die WUSSOW-Formel (NACHTNEBEL 2003) für eine Niederschlagsdauer von unter 30 Minuten bzw. die Starkregenkriterien nach SCHIMPF (SCHIMPF 1970) für Starkregen über 30 Minuten angesetzt. LIEBMANN et al. (2001) sprachen von einem Starkregen, wenn die Niederschlagsmenge an einem Tag größer ist als 20% der vierteljährlichen Jahressumme (5-Monats-Periode).

Tab. 36: Übersicht von Starkregen-Schwellenwerten für Deutschland (1 mm = 1 (l/m²))

Zeitintervall
Kriterium nach Wussow
Kriterium nach Schimpf
Starkregen, DWD
Heftiger Starkregen, DWD
Niederschlagsrekorde, Deutschland
5 min
5,0 mm
7,5 mm
5,0 mm
16,3 mm (25. 08.2006), Berlin-Tegel (http://info.infolands.de)
10 min
7,1 mm
9,1 mm
7,1 mm
126 mm in 8 min. (25.05.1920), Füssen (Häuser,1922)
20 min
10 mm
10,9 mm
10 mm
30 min
12,2 mm
12,2 mm
1 h
17,1 mm
14,7 mm
17,1 mm
25 mm
108,3 mm (25. 08.2006), Berlin-Tegel (http://info.infolands.de)
2 h
24,0 mm
17,8 mm
6 h
42,4 mm
24,0 mm
35 mm
1 d
84,9 mm
35,0 mm
312 mm (12.08. bis 13.08.02), Zinnwald, Osterzgebirge (DWD)
Weitere Definitionen für Starkregenereignisse
Zeitintervall
Schwellenwerte, Literaturangaben mit [Länderkennung]
1d
10 mm: Starkregen (heavy precipitation), (http://eca.knmi.nl/) [EUR]
1d
20 mm: heftiger Starkregen (very heavy precipitation), (http://eca.knmi.nl/) [EUR]
1d
20 mm: MICE (2005) [D], BERNHOFER et al. (2005) [D]
1d
10 mm: Starkregen (heavy precipitation), (http://eca.knmi.nl/) [EUR] 20 mm: heftiger Starkregen (very heavy precipitation), (http://eca.knmi.nl/) [EUR] 20 mm: MICE (2005) [D], BERNHOFER et al. (2005) [D] 60 mm: KARAGIANNIDIS et al. (2009) [EUR]
1d
nach Perzentil-Methode (ZOLINA et al. (2008) [D]
1d
Bergland, Süddeutschland: 35 mm; Bergland, Mitte Deutschland: 20 -25 mm
1d
Flachland, Deutschland: 10 mm

[D]: Deutschland, [EUR]: Europa


Definition nach statistischer Auswertung

Auch die statistischen Auswertungsmethoden zur Ermittlung von Starkregenereignissen sind nicht einheitlich und unterscheiden sich nach Zielsetzung und Datenbasis. Eine häufig praktizierte Vorgehensweise ist die Definition des Perzentils (Hundertstelwert), dessen Überschreitung ein Starkregenereignis signalisiert. Die betrachteten Zeiträume besitzen allerdings keine definierte Länge und unterscheiden sich von Autor zu Autor.

GRIESER & BECK (2002) verwendeten für ihre Trenduntersuchung in Deutschland (1941 – 2000) das 99. Perzentil um Extremniederschläge zu beschreiben. In HUNDECHA & BARDOSSY (2005) wurden im Rhein-Einzugsgebiet für das Zeitintervall 1958 – 2001 alle Ergebnisse über dem 90. Perzentil als Starkregen klassifiziert. ZOLINA et al. (2008) verwendeten bei ihrer Betrachtung für Westdeutschland (1954 – 2004) das 95. Perzentil zur Beschreibung von Starkniederschlägen bzw. das 99. Perzentil für Extremniederschläge, wobei sich deutliche regionale Unterschiede zeigten.

Viele Autoren betrachteten dazu Niederschlagsstationen im flächenhaften Zusammenhang, um so robustere Ergebnisse zu erhalten. Die Aussagekraft einzelner Stationen ist allerdings auf lokale Gegebenheiten begrenzt. Da bei dem statistischen Ansatz oft große regionale Unterschiede auftreten, müssen die Ergebnisse immer gebietsbezogen betrachtet werden. Vergleiche zwischen unterschiedlichen Regionen sind dagegen wenig hilfreich. So definierten GROISMAN et al. (2004) den Beginn eines heftigen Starkregens ab 0,3% der statistischen Verteilungskurve, was für den Mittleren Westen der USA 80 mm/d bedeutet. Die höchsten Werte für Starkregen in Deutschland unter Verwendung des 95. Perzentils liegen dagegen bei Werten um 35 mm/d (ZOLINA et al. 2008).


Definition nach Wiederkehrraten

FREI & SCHÄR (2001) betrachteten für die Schweiz (Datenbasis 1901 – 1994) die Überschreitung der oberen Perzentile 1/10, 1/30, 1/ 100 und 1/365, was einer jeweiligen Wiederkehrperiode von 10, 30, 100 bzw. 365 Tagen entspricht. Die Ergebnisse wurden nachfolgend als „moderat“, „intensiv“, „stark“ und „extrem“ beschrieben.

Zum Vergleich: Beim Elbehochwasser 2002 wurden an der Station Zinnwald-Georgenfeld (Sachsen) im August binnen 24 Stunden 312 Millimeter gemessen. Die Wiederkehrrate für solche Tagesmengen liegt bei rund 500 Jahren (LUTERBACH 2004).

QUIRMBACH (2011) ging bei der Analyse der Häufigkeit von Starkregen in der Emscher-Lippe-Region einen ähnlichen Weg. Er verwendete entsprechend der Definition des MICE-Projektes (MICE 2005) einen Schwellenwert von 20 mm pro Tag. Diese Niederschlagsmenge tritt im Mittel 3,6 Mal pro Jahr an einer Messstation auf und entspricht somit der meteorologischen DWD-Definition eines Tagessummenwertes für einen Starkregen, da dieser nur an etwa jedem 100. Tag überschritten wird (DWD 2011). BARTELS et al. (1997) gaben abweichend davon an, dass die Niederschlagsmenge eines Starkregens im Mittel höchstens zweimal jährlich auftreten darf.

Nutzerhinweis: Einerseits gibt die Verwendung von festen Schwellenwerten einen schnellen Überblick und ermöglicht eine einfache Art der Klassifikation. Andererseits werden dadurch für unterschiedliche Regionen, Höhenlagen und Klimazonen die gleichen Maßstäbe angelegt, was wenig sinnvoll ist. Zielführender ist die statistische Herangehensweise unter Verwendung der größten 1% - 5% der Verteilungskurve bei gleichzeitiger Angabe der Wiederkehrrate. Wichtig für eine nachfolgende Dokumentation und zur Einordnung der Ergebnisse sind genaue Angaben zu: Region, Anzahl der Messstellen, Abstand der Messstellen bzw. Messstellendichte und Betrachtungszeitraum.

Quellen (Stand: 31.07.2012)

BARTELS, H.; DIETZER, B.; MALITZ, G.; ALBRECHT, F.M. & GUTTENBERGER, J. (2005): KOSTRA- DWD-2000 Starkniederschlagshöhen für Deutschland – Fortschreibungsbericht, 53 S., Deutscher Wetterdienst, Offenbach.

BAUMGARTNER, A. & LIEBSCHER, H.J. (1996): Allgemeine Hydrologie. 694 S., Gebrüder Bornträger, Berlin.

BERNHOFER, C., GOLDBERG, V. &. J. FRANKE (2005): REKLI II – Optimierung der Klimadatenbank REKLI für Auswertungen im Bereich der Wasserwirtschaft. Tharandt, Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben des Ministeriums für Landwirtschaft, 22 S.

DWD (2011): Pressemitteilung DWD vom 15.02.2011

FREI, C. & SCHÄR, C. (2001): Detection probability in rare events: Theory and application to heavy precipitation in the Alpine region. - J. Climate 14, 1568-1584.

GRIESER, J. & BECK, C. (2002): Extremniederschläge in Deutschland Zufall oder Zeichen? -Klimastatusbericht, DWD. 141 S.

GROISMAN, P.YA. R.W. KNIGHT, T.R. KARL,D. R. EASTERLING, B.SUN, & J. M. LAWRIMORE (2004): Contemporary Changes Of The Hydrological Cycle Over The Contiguous United States: Trends Derived from In Situ Observations. J. Hydrometeor, 5, 64–85. doi: http://dx.doi.org/10.1175/1525-7541(2004)005<0064:CCOTHC>2.0.CO;2

HAEUSER, J (1922): Ein Wolkenbruch von bisher noch nicht gekannter Intensität. - In: Kurze starke Regenfälle in Bayern, ihre Ergiebigkeit, Dauer, Intensität, Häufigkeit und Ausdehnung. Abhandlungen der Bayerischen Landesstelle für Gewässerkunde München, 1. Ergänzungsband, umfassend den Beobachtungszeitraum 1916–1920.

HUNDECHA, Y. & BARDOSSY, A. (2005): Trends in daily precipitation and temperature extremes across western Germany in the second half of the 20th century. - Int. Journal of Climatology 25: 1189–1202.

KARAGIANNIDIS, A., KARACOSTAS, T., MAHERAS, P. & MAKROGIANNIS, T. (2009): Trends and seasonality of extreme precipitation characteristics related to mid-latitude cyclones in Europe. - Adv. Geosci., 20, 39–43.

LIEBMANN, B., JONES, C. & CARVALHO, L. M. V. (2001): Interannual variability of daily extreme precipitation events in the state of São Paulo, Brazil. - J. Climate, 14, 208-218.

LUTERBACHER, J. (2004): Flutkatastrophen in Zentraleuropa - erlebte Geschichte und Szenarien für die Zukunft. In: Bedrohte Museen: Naturkatastrophen – Diebstahl – Terror. Bodenseesymposium in Bregenz (Österreich), pp. 10-15.

MANTON, M. J., DELLA-MARTA, P. M., HAYLOCK, M. R., HENNESSY, K. J., NICHOLLS, N., CHAMBERS, L. E., COLLINS, D.A., DAW, G., FINET, A., GUNAWAN D., INAPE, K., ISOBE, H., KESTIN, T. S., LEFALE, P., LEYU, C. H., LWIN, T., MAITREPIERRE, L., OUPRASITWONG, N., PAGE, C. M., PAHALAD, J., PLUMMER, N., SALINGER, M. J., SUPPIAH, R., TRAN, V. L., TREWIN, B., TIBIG, I. & YEE, D. (2001): Trends in extreme daily rainfall and temperature in southeast Asia and the South Pacific: 1961–1998. - International Journal of Climatology 21: 269–84, DOI:10.1002/joc.610.

MICE (2005): Final-Report of the MICE-Project (Modelling the Impacts of Climate Extremes). Climatic Research Unit, University of East Anglia, UK, 20 p.

NACHTNEBEL, H. P., 2003: Studienblätter der Gewässerkunde, Hydrometrie und Hydroinformatik. Boku Wien, Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau, SS 2004, Zugriff September 2008

QUIRMBACH, A. (2011): Analyse der Häufigkeit von Starkregen mit N≥ 20 mm/d, dynaklim-Kompakt, Nr. 1, 6S.

SCHIMPF, H. (1970): Untersuchung über das Auftreten beachtlicher Niederschläge in Österreich. – Österreichische Wasserwirtschaft , Jg. 22, Heft 5/6, 121-127

ZOLINA, O., SIMMER, C., KAPALA, A., BACHNER, S., GULEV, S. & MARCHEL, H. (2008): Seasonally dependent changes of precipitation extremes over Germany since 1950 from a very dense observational network. - J. Geophys. Res., 113, D06110.

http://www.dwd.de http://info.infolands.de http://eca.knmi.nl


Zurück zum Inhaltsverzeichnis